Das Gespräch mit dem inneren Kind

Grundlage jeder Genesung

15. 6. 2002

 

 

 

Zusammenfassung eines Gesprächs mit einem Patienten, der sich bereits sechs Monate lang nicht mehr waschen noch seine Wäsche wechseln konnte:

 

 

Die Zustände, in denen sich ein Mensch befindet [beispielsweise eine psychische oder auch eine körperliche Erkrankung, beispielsweise also auch dieser Zustand der Ohnmacht, des nichts tun Könnens], werden durch etwas in ihm selbst ausgelöst, durch einen Teil von ihm selbst.

 

Ein Teil ist in diesem Fall so unzufrieden mit der Situation, damit nicht beachtet zu werden, dass er jede weitere Zusammenarbeit verweigert.

Dieser Teil verhält sich wie ein Kind, das sich nicht beachtet fühlt, und das irgendwann total protestiert und sich vielleicht im Supermarkt auf den Boden wirft und schreit und nicht mehr zu bewegen ist, auch nur einen weiteren Schritt zu tun – so dass die Eltern das Kind zunächst vom Boden aufheben und dann zusätzlich zu ihren Einkäufen zum Auto tragen müssen oder gar ganz bis nach Hause.

Der unzufriedene Teil, der jede Zusammenarbeit eingestellt hat, ist unser eigenes inneres Kind.

 

Der Zwang, den wir ja immer wieder als Krankheitsursache bemerken, ist trampelt immer über das Kind hinweg und nimmt auf das Kind keine Rücksicht.

Der Zwang ist immer etwas zuerst von den Eltern, dann von der Gesellschaft Übernommenes, eine Verpflichtung irgendwie „gut“ zu sein.

 

Die Überwindung eines Zustands der Depression scheint aber oft nur durch einen ungeheuren Akt des Zwangs möglich zu sein. Dann, sobald wir diesen Zwang gegen uns selbst ausgeübt haben, geht es plötzlich wieder, weil der Teufelskreis durchbrochen ist. Und das funktioniert – bis wir irgendwann keine Möglichkeit für so einen Kraftakt mehr sehen. Und das liegt dann daran, dass das Kind uns den Saft vollkommen abgedreht hat. Es hat sich zu oft breitschlagen lassen.

Auch die schönen Erlebnisse, die wir uns vermittelt haben, waren möglicherweise ein Teil dieses Zwangssystems, eine Art Bestechung. So wie Eltern, die nie Zeit haben für ihre Kinder, ihren Kindern oft einfach Geld geben, damit sie sich was kaufen und damit vor den anderen Kindern angeben können. Aber das Kind braucht etwas anderes, nicht „Süßigkeiten“, sondern Beachtung, Aufmerksamkeit.

Diese Aufmerksamkeit müssen wir dem Kind jetzt schenken.

 

Sie werden fragen, wie Sie denn mit diesem Kind in Kontakt treten sollen. Vielleicht haben Sie ja das Gefühl, dass Ihr Gehirn gar nicht mehr richtig funktioniert. Sie könnten sich jetzt schon nicht mehr erinnern an den Anfang dieses Gesprächs. Sie könnten sich gar nicht dazu bringen, darüber nachzudenken.

 

Es ist nicht nötig nachzudenken. Beim Nachdenken kommt das Kind ja wieder zu kurz. Was das Kind braucht, ist nachfühlen. Dem Kind nachfühlen, was ihm fehlt, wonach es sich sehnt.

Da wird das Kind vielleicht sagen, dass es diesen dauernden Zwang nicht mehr aushält. Dass es daher jetzt beschlossen hat, alles zu verweigern.

In der Vergangenheit hat es sich immer wieder motivieren lassen in der Hoffnung, dass der Zwang ein Ende haben könnte, aber sobald alles wieder lief, kam der Zwang erneut. Und so hat das Kind jetzt beschlossen einfach alles zu verweigern.

Das Kind braucht eine Aussicht auf ein Leben ohne Zwang. Dann wird es wieder kooperieren.

 

Wie so ein Leben ausschauen soll, das muss jetzt geklärt werden.

Dazu braucht es die ständige Frage an das Kind: Was fehlt dir denn, was möchtest du und wie möchtest du es?

Und gleichzeitig müssen dem Kind die natürlichen Zwänge des Lebens erklärt werden. Das Kind kann das verstehen. Es kann verstehen, dass man etwas tun muss, um zu Essen zu kriegen. Aber es kann das alles nur verstehen, wenn es ihm aufrichtig und geduldig erklärt wird.

Manchmal glauben wir auch, dass etwas unbedingt sein muss, was in Wirklichkeit gar nicht sein muss. Aber indem wir versuchen, dem Kind zu erklären, wie wir das sehen, wird das Kind unsere eigene Sicht in vielen Fällen korrigieren. In anderen Fällen wird es sich überzeugen lassen und keine weiteren Schwierigkeiten mehr machen, sondern wieder mit uns zusammenarbeiten. So können wir zusammen einen Weg finden.

Also reden Sie mit dem Kind. Geben Sie ihm eine Aussicht auf ein Leben ohne überflüssige Zwänge. Das geht nur, indem Sie dieses Gespräch mit Ihrem inneren Kind auch dann fortführen, wenn es Ihnen wieder besser geht. Das müssen Sie Ihrem inneren Kind unbedingt versprechen. Dass Sie in Zukunft immer mit ihm sprechen werden, ihm alles erklären werden und auf es hören werden. Wenn Sie Ihr inneres Kind davon überzeugen können, dass Sie das wirklich tun werden, wird es seinen Widerstand aufgeben und wieder Lebenskraft in Sie fließen lassen.

 

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